Bismarckturm


Der deutsche Staatsmann Otto Fürst von Bismarck (geb. 1.4.1815, gest. 30.7.1898) war von 1871 bis 1890 Reichskanzler und gilt als eigentlicher Gründer des Deutschen Reiches. Er wurde vom Kaiser Wilhelm II. in verletzender Form entlassen, besaß aber insbesondere unter den patriotischen Kräften des deutschen Volkes ein hohes Ansehen.

Schon kurz nach dem Tode des Alt-Reichskanzlers setzte sich in den Kreisen der akademischen Jugend der Gedanke durch, dem Gründer des Reiches ein Denkmal zu setzen. Die deutsche Studentenschaft beschloß daher auf dem Vertretertag in Hamburg am 3. Dezember 1898, dem "Nationalhelden ein außerordentliches Wahrzeichens des vaterländischen Dankes zu errichten". Ein Wettbewerb um die Form der Bismarcksäule wurde ausgeschrieben und dem Architekten Wilhelm Kreis in Dresden unter 320 Bewerbern der erste, zweite und dritte Preis zuerkannt.

Der Gedanke fand auch unter den Studenten der Universität Carola-Wilhelmina in Braunschweig lebhafte Unterstützung. Ein Komitee mit dem Ehrenvorsitzenden, Staatsminister Dr. von Otto, wurde gebildet, das die Errichtung einer Säule im Herzogtum Braunschweig vornehmen sollte. Als Standort standen der Thieder Lindenberg und insbesondere die Asse zur Diskussion. Der "Asseburger Verschönerungsverein" (heute Heimat- und Verkehrsverein Asse) setzte sich entscheidend für die Asse ein. Es bestand sogar die Absicht, falls die Asse nicht von den Braunschweigern ausgewählt werden würde, von dem Verein eine "bescheidene Säule" aus eigenen Mitteln zu errichten. Mitglieder des Vereins brachten einen ansehnlichen Betrag von 605 Mark für die Säule auf.

Nachdem der Standort auf der Asse bestimmt war, wurde ein Aufruf "zum Zeichnen von Beiträgen für die Erbauung von Braunschweigs Bismarcksäule" herausgegeben. Das Bild des Denkmals wurde in den Schaufenstern verschiedener Geschäfte in Braunschweig mit dem Aufruf ausgestellt. Die Gesamtkosten sollten nach dem Kostenvoranschlag mit allen Nebenausgaben 25000 bis 30000 Mark betragen. Bereits im Oktober 1899 war eine Summe von insgesamt 11000 Mark eingegangen.

Am 17. Juni 1900 fand die feierliche Grundsteinlegung statt. Die Feier war jedoch nicht vom Wetter begünstigt. Nach Ankunft des Extrazuges in Wendessen setzte ein leichter Regen ein, der immer heftiger wurde und auch während der ganzen Feier anhielt. Da unter diesen Umständen der ganze Grund und Boden der Asse mit einer tiefen Schlammschicht bedeckt war, wurde der Aufstieg äußerst beschwerlich und die Toiletten der Festteilnehmer, besonders der zahlreichen Damen, befanden sich bald in einem bedauernswerten Zustande. Trotz des schlechten Wetters nahmen 3000 Personen an der Feier teil.

Die Festansprache wurde vom Realschuldirektor Prof. von Hörsten aus Wolfenbüttel gehalten. Danach verlas der Vorsitzende des Ausschusses zur Errichtung der Bismarcksäule; Prof. Dr. Viereck, die Urkunde, die in den Grundstein gemauert wurde. Die Urkunde schließt mit den Worten:

"Unfern der Stätte, da heute der Grundstein zur Bismarcksäule gelegt wird, schaut der Besucher dieser bewaldeten Höhen auf die Überreste der Asseburg. Aus der Zeit der Zerrissenheit und Schwäche Deutschlands tragen sie herüber in die Gegenwart, wo dem Manne ein Wahrzeichen errichtet werden soll, der als treuester Vasall seiner kaiserlichen Herren sein Leben, Unabhängigkeit und Freiheit des deutschen Vaterlandes geweiht hat..."

Mit den symbolischen Hammerschlägen durch Staatsminister Dr. von Otto, Kreisdirektor Krüger, Gemeindevorsteher Isensee und dem Vorsitzenden der Studierenden, Stud. Henze, u.a. wird die Urkunde in den Grundstein eingemauert. Zum Abschluß singen die Festteilnehmer "mit entblößtem Haupte ´Heil dir im Siegerkranz´ und ´Deutschland, Deutschland über alles´".
Zum Zeitpunkt der Grundsteinlegung waren bereits 30000 Mark aufgebracht. Davon ein Zuschuß von 10000 Mark von der Landesregierung Braunschweig. Am 21. Juni 1900 wurde von dem Assewirt F. Eschemann folgende Anzeige in der Braunschweiger Landeszeitung veröffentlicht:

"Tausende sind am Sonntag, den 17. Juni, durch die Ungunst des Wetters verhindert gewesen, bei der feierlichen Grundsteinlegung der Säule zugegen zu sein. Der Grundstein liegt jetzt noch frei und bietet sich am nächsten Sonntag, den 24. Juni, bei Frei-Konzert auf dem Festplatz nochmals günstige Gelegenheit, denselben in Augenschein zu nehmen. Für gute Speisen und Getränke auf dem Festplatz und in den Festzelten ist bestens gesorgt.
F. Eschemann

PS: Bei eintretender Dunkelheit: Beleuchtung des Festplatzes durch bengalisches Feuer und Fackeln. Von Braunschweig und Wolfenbüttel billige Sonntagsfahrkarten bis Stat. Dettum."

Nach einer Bauzeit von vierzehn Monaten wurde mit einem Kostenaufwand von 38000 Mark die 23 Meter hohe Säule errichtet. Sie wurde aus Quadern des Assesteines von dem Braunschweiger Maurermeister Moß erbaut.

Die feierliche Einweihung fand am 20. Oktober 1901 statt. Es war ein schöner und freundlicher Tag. Neben den fahrplanmäßigen Zügen nach Wendessen und Dettum wurden auch mehrere Sonderzüge von Braunschweig eingesetzt. Ein gewaltiger Menschenstrom bewegte sich in den frühen Nachmittagsstunden unter lustigen Klängen vom Bahnhof Wendessen über Groß Denkte zunächst zur Gastwirtschaft an der Asse. Begleitet wurde dieser Zug von einer Artilleriekapelle und Gesangvereinen. Am Assegasthaus ordnete sich der imposante Zug, in dem etwa 20 Fahnen und Banner getragen wurden.

"Dazu aus der ganzen Umgegend Tausende zu Wagen, Radfahrer und Fußgänger. Man schätzt die Menschenmenge, welche die Säule umstand, mit 20000 nicht zu hoch."

Nach dem Choral "ein feste Burg ist unser Gott" hielt Prof. Dr. Viereck aus Braunschweig als Vorsitzender des Ausschusses zur Errichtung der Bismarcksäule von den oberen Stufen des Säulenfußes die Festrede. Er ging hierbei insbesondere auf das Wirken von Bismarck ein. Nach einigen Musik- und Gesangsvorträgen erfolgte die feierliche Schlüsselübergabe. Nachdem die Artillerie-Trompeter einen Fanfarenmarsch von der Säule herab geblasen hatten, war der Weiheakt beendet. Im Assegasthaus veranstaltete die Studentenschaft einen Kommers. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde zum ersten Mal das Feuer auf der Bismarcksäule entzündet.

In den folgenden Jahren feierte die Studentenschaft das Fest der Sommersonnenwende an der Bismarcksäule. Hierbei wurde stets das Feuer auf der Säule angezündet.

Der Turm ist heute im Besitz des Landes Niedersachsen. Er wurde von Oktober 1985 bis Mai 1987 mit einem erheblichen Kostenaufwand renoviert. Seit 1977 können Besucher im Sommerhalbjahr die Säule besteigen und den herrlichen Rundblick genießen. In einem Gestattungsvertrag hat der Heimat- und Verkehrsverein Asse die Verantwortung dafür übernommen.

Text: Rainer Krämer, Wittmar